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Muttis Handy

Nachdem Kanzleramtsminister Profalla in der letzten Legislaturperiode vorschnell das Ende der NSA-Affäre verkündet hat, wurden im Rahmen der Enthüllungen der letzten Tage neue Details verfügbar, die nicht nur ein blamables Licht auf Profalla, sondern die gesamte Regierungskoalition, die Arbeit der Geheimdienste und die Ehrlichkeit der Politiker werfen.

Anhand der in den Zeitungen publizierten Dokumente ist in der Zwischenzeit klar, dass nicht nur die deutsche Kanzlerin und ihr Amtsvorgänger, sondern mindestens weitere 35 Spitzenpolitiker und Staatsoberhäupter durch den amerikanischen Geheimdienst überwacht wurden. Auch hier ist wieder anzunehmen, dass dies nur die Spitze des Eisbergs ist und tatsächlich die Telefone wohl aller politischen Entscheidungsträger auf allen Ebenen in nahezu allen Staaten abgehört werden.

Das eigentlich Schlimme dabei ist, dass im Gegensatz zu Email und Internetdiensten diese Kommunikation eigentlich nur in Deutschland bzw. im jeweiligen Land abgehört werden kann, d.h. die NSA muss hier in Deutschland entsprechende Infrastruktur betreiben, um die entsprechenden Gespräche abhören zu können, da anders als bei Internetdiensten die Verbindungen innerhalb von Deutschland bleiben und nicht über den Atlantik in die USA geleitet werden.

Die von den Politikern der alten und wohl auch der neuen Regierungskoalition geäußerten Betroffenheitsadressen sind allein schon deshalb nur halbherzig, weil speziell den Besatzungsmächten, d.h. auch den Amerikanern, in der Vergangenheit weitgehende Rechte zum Abhören der Deutschen eingeräumt wurden.

Schon die ersten Bundeskanzler der Bundesrepublik mussten sich hier dem Diktat der Siegermächte beugen und gegen ihre eigene Verfassung verstoßen. Die entsprechenden Absprachen und Regelungen mit den Siegermächten sind in der Zwischenzeit hinfällig, zum einen, weil die entsprechenden Absprachen heute teilweise nicht mehr gültig sind, zum anderen, weil die entsprechenden Artikel in der Zwischenzeit Eingang in die entsprechend einschlägigen Gesetze gefunden haben.

Entsetzen setzt Überraschung voraus, und überrascht kann man nicht wirklich sein, wenn man die tatsächliche Lage kennt.

Sollte es nun tatsächlich zur großen Koalition kommen, liegt es tatsächlich an den Politikern, die entsprechenden Gesetze zu revidieren, um die entsprechenden Überwachungsorgien der Geheimdienste einzudämmen.

Aber es ist statt dessen wohl eher zu erwarten, dass mit der Schaffung einer erweiterten Vorratsdatenspeicherung und einer stärkeren Überwachung auch der deutschen Bevölkerung durch deutsche Dienste das Gegenteil eintritt.

So wie mit der Schaffung von Europol, die gezielt Datenbanken aufbauen, die aufgrund rechtlicher Restriktionen beispielsweise in Deutschland nicht realisiert werden können, d.h. wir erleben über entsprechende internationale Vereinbarungen eine Aushöhlung des deutschen Datenschutzes. Mutti Merkel ist wahrscheinlich deswegen so verschnupft, weil im Gegensatz zu Frankreich, Italien, Schweden oder anderen Nationen Deutschland bisher kein Assoziierungsabkommen mit den Five Eyes hat. Five Eyes, das meint die Staaten USA, Kanada, Neuseeland, England und Australien, die vollständig im Geheimdienstbereich kooperieren.

Unserer Bundesregierung wäre es wohl am liebsten, wenn die Five Eyes auf Six Eyes erweitert werden und Deutschland den vollen Zugriff auf die entsprechenden geheimdienstlichen Informationen der übrigen Länder bekommen würde.

Es kann dann wieder mit Sicherheit angenommen werden, dass dann Datenschutzbedenken keine weitere Rolle mehr spielen, solange nur die Bürger, nicht aber die Politiker abgehört werden.

Es ist betrüblich festzustellen, dass es den meisten Menschen schlicht egal zu sein scheint, ob sie abgehört werden oder eben nicht. Dabei ist inzwischen klar, dass die oft geäußerte Behauptung, die Überwachung der Telekommunikation diene nur der Gefahrenabwehr und Terrorismusbekämpfung, nicht mehr haltbar ist.

Nachdem auch Amtsträger und hochrangige Politiker abgehört werden, denen weder terroristische Aktivitäten, noch ein krimineller Hintergrund unterstellt werden können, ist klar, dass die Datenkrake NSA und die übrigen Geheimdienste alles sammeln, was sie sammeln können. Dabei werden alle technischen Möglichkeiten genutzt. Legale Hindernisse, wie Gesetze, eine Verfassung oder das deutsche Grundgesetz, werden über Hilfskonstruktionen, wie Europol oder die Zusammenarbeit mit befreundeten Geheimdiensten, ausgehebelt.

Letztlich leben wir nun schon heute in einer Welt, die die Überwachungsfantasien eines Romans a la „1984“ oder einer „Schönen Neuen Welt“ weit hinter sich lassen.

Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben die Meinung des Autors wieder. Diese muß nicht zwangweise mit mit der Piratenpartei, oder einer ihrer Gliederungen übereinstimmen.

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