Dieser Artikel ist für Menschen, die der Überwachungsskandal PRISM in den USA und das Ablenken mit angeblichen Massenvernichtungswaffen anderer Staaten nicht interessiert.
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von unserm Vorsitzenden Hajo Betz
In den USA existiert ein Gesetz, welches das beliebige, unbegrenzte Abhören und Durchsuchen von Daten und Wohnungen im Ausland erlaubt.Diese Gesetze sind seit 1978 gültig. In diesem unserem Lande hat das Abhören der Kommunikation ja auch eine lange Tradition.
In Bad Aibling befand sich lange Zeit eine der zentralen Abhörstationen des Enchelon Systems. Enchelon ist nicht mehr in Betrieb. Informationen über den Nachfolger gibt es nun seit Edward Snowden, der Informant hinter den aktuellen Vorwürfen zur US-Spionage im Internet, tausende Dokumente an die Presse übergeben hat. Bisher wurden von Snowden mitgenommene Dokumente nur sehr zurückhaltend veröffentlicht. So zeigten Guardian und Washington Post gerade einmal 4 von 41 Seiten einer Präsentation des Geheimdiensts NSA, in der es um die Internet-Überwachung unter PRISM ging. Denmach kann die NSA damit in großem Stil Nutzerdaten von Internet-Unternehmen abgreifen.
„Wir übertragen eure Gespräche, Dokumente, Nachrichten, wir speichern eure Daten, sorgen für Backups und deren Sicherung. Wir betreiben eure Server, verwalten eure Netzwerke, Router, Gateways und Firewalls – legen und warten die Leitungen – installieren die Systeme, über die ihr kommuniziert. Wir programmieren eure Datenbanken, Treiber und Applikationen – wir wissen, was ihr plant und wer ihr seid und was Ihr denkt.“
Gleichzeitig versuchen nun deutsche Politiker, mehr über das Ausmaß und die rechtlichen Grundlagen des Programms zu erfahren.So will etwa das deutsche Innenministerium von den USA wissen, in welchem Umfang Daten gesammelt worden seien und nach welchen Gesetzen oder Vorschriften. Ein Blick in die relevanten Gesetze der USA genügt. Der 4. Verfassungszusatz der die relevanten Bürgerrechte ( und damit den Datenschutz ) regelt gilt nur für Einwohner der USA. Alle anderen Menschen genießen keinen Schutz.
Wenn Sie das gerade lesen, sind Sie vermutlich kein aktueller Einwohner der USA. Pech gehabt.
Die USA haben verhindert, dass der Entwurf der EU-Datenschutzreform die Herausgabe von europäischen Nutzerdaten an die NSA untersagt. Auch US-Unternehmen hatten sich vehement dagegen gewandt. Sie wären durch eine solche Klausel gezwungen gewesen, sich zwischen dem Anspruch der USA auf die Daten und dem EU-Verbot ihrer Herausgabe zu entscheiden.
Und Bernd Carstensen, stellvertretender Vorsitzender des Bundes deutscher Kriminalbeamter (BDK), hat die deutsche Debatte über Datenschutz und Vorratsdatenspeicherung als „kleinkariert“ bezeichnet. Aus Kreisen des BKA wird die Vorgehensweise der USA als „vorbildlich“ dargestellt
In der vielleicht einzigen offenen Aussprache zu einem hochkomplexen Gesetzesvorhaben waren sich die Vortragenden im Innenausschuss kürzlich einig, dass IT-Sicherheits- und Datenschutzstandards in Deutschland massiv gesenkt werden sollten.
Konkret plant die Regierung Schutzvorschriften in einer Vielzahl von Gesetzen abzusenken, darunter den besonderen Schutz für Steuer-, Sozial- und Gerichtsdaten, deren elektronischer Transport bisher eine Verschlüsselung voraussetzte. Die unsichere De-Mail als Quasi-Standard soll nun für elektronische Übermittlung solch kritischer Daten festgeschrieben werden. Die wichtigen Schutz-Absenkungen kamen erst nach der ersten Diskussion hinzu und sind in zwei langatmigen Artikeln versteckt. Das BMI wird zudem an mehreren zentralen Stellen ermächtigt selbstständig zu entscheiden, was De-Mail bedeutet. Das Gesetz erklärt das Resultat dann automatisch für sicher. Hier schafft sich die parlamentarische Kontrolle über Datensicherheit selbst ab. Diese Absenkung des Schutzbedarfs ist „nötig“, da die De-Mail ihr Ziel verfehlt, ein elektronisches Übermittlungsverfahren mit einem zum Postversand vergleichbaren Schutz einzuführen. Statt die De-Mail auf dieses Niveau anzuheben, wird der gesetzliche Schutz von Steuer-, Sozial- und Justizdaten einfach auf den Stand der De-Mail abgesenkt. Damit werden im Zusammenhang mit PRISM den USA sozusagen Steuer-, Sozial- und Gerichtsdaten unverschlüsselt frei Haus in die USA geliefert.
Wirtschaftsinteressen steht eine über Jahrzehnte erkämpfte Tradition von Datensparsamkeit und -schutz gegenüber, die nun auf einen Schlag aus allen relevanten Gesetzen eben genau wegen dieser Wirtschaftsinteressen gestrichen werden soll.
Und wenn ich dann in diversen Verteidigungsversuchen lesen muss, dassdas so schon in Ordnung sei, dass das viele Staaten schon lange sohalten. Und was sei denn schon dabei? Sind nur unsere Staats(ver)treter, die das machen, da kann man schon vertrauen, das nicht missbraucht wird… Sind wir nicht alle ein wenig Mollath ?
Man muss halt wieder President Franklin zitieren:
„They who can give up essential liberty to obtain a little temporary
safety, deserve neither liberty nor safety.“
Wir haben diesen Text mit soviel Schlüsselwörtern versehen, daß diese Seite und ihre Besucher (also Sie!) im Rahmen des Patriot Act gescannt wird. Sie mögen es zwar nicht zu einer eigenen Stasiakte geschafft haben, aber nun gibt es eine Akte in den USA über Sie und Ihren Internetanschluß.
Falls Sie sich JETZT – in dieser Sekunde – nicht sicherer fühlen als vor dem Lesen dieses Artikels, dann sollten Sie erwägen der einzigen Partei, welche sich bedingungslos gegen diesen Wahnsinn stellt, Ihre Stimme zu geben.
Die Realität ist eben: Piraten – Wer, wenn nicht wir!
PRISM und verwandte Maßnahmen sind eben nicht nur ein Spionagetool gegen die Privatsphäre der Menschen, sondern auch ein Programm zur Wirtschaftsspionage. Wenn Tausende US-Firmen mitmachen und im Gegenzug mit Informationen versorgt werden, kann das nur bedeuten, dass die US-Geheimdienste know-how von Firmen in aller Welt kopieren und US-Firmen zukommen lassen.
Das haben sie auch früher schon nachweislich mit dem Echelon-Programm gemacht, und es gibt keinen Zweifel daran, dass die neuen Nachrichten die Fortsetzung dieser Praxis, nur eben in viel größerem Umfang, beweisen.
Irgendwie auch eine gute Nachricht, …
cooregan (mehr als 1000 Beiträge seit 16.06.00)
… weil jetzt wohl auch dem allerletzten
‚ich-hab-nix-zu-verbergen‘-Zeitgenossen klar werden dürfte, worum es
hier geht.
Gerade Deutschland ist kein Vorbild. Da werden geklaute
Bankgeheimnisse anderer Länder offen eingekauft, MAD und BND
entziehen sich praktisch jeder Kontrolle, „Sicherheitsfirmen“
verkaufen Überwachungssoftware in „Schurkenstaaten“ u.s.w..
Ich finde es nicht gut, was der US Geheimdienst da so alles macht.
Aber sollten wir nicht erst mal vor der eigenen Haustür kehren? Von
den gegen die eigenen Bürger in Deutschland eingesetzten
Überwachungsmaßnahmen mal ganz abgesehen.
Vorratsdatenspeicherung, erweiterte Bestandsdatenauskunft u.s.w.
werfen auch kein gutes Licht auf Politiker, die im gleichen Atemzug
die Regierungen in China oder nun auch USA wegen derer
Menschenrechtsverletzungen anprangern.
Wer offen Hehlerei betreibt, sollte nicht kritisieren, dass es andere
Länder auch tun. Und es ist wirklich kein Unterschied, ob Daten in
der Schweiz oder Deutschland gestohlen werden und dann in einem
anderen Land missbraucht werden.
Der 4. Verfassungszusatz : Das Recht des Volkes auf Sicherheit der Person und der Wohnung, der Urkunden und des Eigentums vor willkürlicher Durchsuchung, Festnahme und Beschlagnahme darf nicht verletzt werden, und Haussuchungs- und Haftbefehle dürfen nur bei Vorliegen eines eidlich oder eidesstattlich erhärteten Rechtsgrundes ausgestellt werden und müssen die zu durchsuchende Örtlichkeit und die in Gewahrsam zu nehmenden Personen oder Gegenstände genau bezeichnen.
Präambel:
Wir, das Volk der Vereinigten Staaten … begründen diese Verfassung für die Vereinigten Staaten von Amerika.
Damit ist klar das die amerikanische Verfassung und damit auch der 4. Zusatz nur für das Territorialgebiet der USA gilt.
In Guantanamo gilt die US Verfassung ja auch nicht. Und auf amerikanischen Stützpunkten in Ausland gilt das Militärrecht…
Für deutsche Geheimdienstler ist das „Prism“-Programm der Amerikaner kein besonderer Aufreger, weil die NSA auf den Servern nur nach ausländischen „Gefährdern“ sucht. Das ist auch hierzulande üblich. Hintergrund: Deutsche Staatsbürger sind „Grundrechteträger“, wie es im Juristendeutsch heißt.