Kanzleramtsminister Pofalla hat den Skandal um Snowdens Enthüllungen und die gigantischen Datensammlungen der Geheimdienste für beendet erklärt.
Hat die Regierung den Schuss nicht gehört? Oder will sie, dass wir ihn nicht hören? Wir brauchen eine Diskussion – und kein „Ende der Debatte“!
Jetzt melden sich Intellektuelle wie Hans Magnus Enzensberger zu Wort.
Enzensberger ??? Nicht irgendwer sondern laut Spiegel istHans Magnus Enzensberger einer der bedeutendsten deutschen Intellektuellen. Getreu seinem Vers „ich bin keiner von uns!“ hat sich der ehemalige Herausgeber vom „Kursbuch“ und der Buchreihe „Die Andere Bibliothek“ nie von bestimmten Gruppen oder Richtungen auf Dauer vereinnahmen lassen.
„Diese Regierungen haben alle Angst, sind Duckmäuser“, sagte der 83-Jährige in der ARD-Sendung „Beckmann“. „Es wäre eine naheliegende Lösung gewesen, dem Informanten Asyl zu gewähren … Sie ( die Politiker ) fürchten sich vor ihren eigenen Kreaturen, nämlich vor den eigenen Geheimdiensten, weil diese Geheimdienste ein Erpresserpotenzial besitzen… In jeder Verfassung der Welt steht ja ein Recht auf Privatsphäre, Unverletzlichkeit der Wohnung und so weiter… das sind ja lange Passagen. Das ist abgeschafft! Das heißt, wir befinden uns in postdemokratischen Zuständen.“
Man muss gar kein Intellektueller sein, um zu dieser Feststellung zu kommen, sondern nur die Zeitung lesen – wie zum Beispiel die Nachricht, dass der Lebensgefährte des Journalisten Glen Greenwald, der die Snowden-Enthüllungen öffentlich gemacht, am Londoner Flughafen festgenommen, durchsucht und verhört wurde – nicht weil er mit dem Fall irgendetwas zu tun hat, sondern weil er der eingetragene Lebensgefährte Greenwalds ist.
Die Bezeichnung “Postdemokratie” für solche Verhältnisse ist eigentlich noch zu harmlos – wo Familienangehörige missliebiger Personen und Journalisten gewaltsam angegangen werden ist das Zeit Klartext zu reden :
Willkommen im Polizeistaat !
Gleichzeitig machten sich “Mitarbeiter” des britischen Geheimdiensts GCHQ im Keller der Zeitung “Guardian” zu schaffen und zerstörten dort Computer und Festplatten – nicht weil der “Guardian” irgendetwas mit Terrorismus zu tun hat, sondern weil er die Artikel Greenwalds veröffentlicht.
Demokratie, Verfassung und Privatsphäre! Die amtierende Bundesregierung, die die Massenbespitzelung durch die NSA für rechtens und den Skandal für beendet erklärt hat, hält an dieser Etikettierung weiterhin fest. Einigkeit und Recht und Freiheit werden klammheimlich zu Grabe getragen.
Enzensberger:
„Das sagen sie auch selbst, die Verfassung ist altmodisch. Das entspricht doch nicht mehr unseren Bedürfnissen, das muss doch weg… diese ganzen lästigen Sachen, Privatsphäre, das ist ja Blödsinn. Weg damit! Das ist alles überflüssig in ihren Augen. Weil die totale Kontrolle ist ihr einziges wirkliches Ideal.“
Wie diese Zustände nach der Demokratie aussehen, zeigt der Film „Minority Report“. Man wird überall gescannt – ob in der U-Bahn oder im Einkaufszentrum. Das ist schon Wirklichkeit: Supermärkte gehen dazu über, uns mit Kameras zu beobachten, sie zoomen auf unsere Gesichter, scannen die Bewegungen, Computerprogramme interpretieren unsere Stimmung, wissen von unseren Vorlieben .
Hans Magnus Enzensberger:
„Wir sind in einem System, wo das geheime Wissen fast größer zu sein scheint, als das öffentliche Wissen – und das im Internet-Zeitalter.“
Wollen wir das ???